Justus von Liebig
Justus von Liebig (1803-1878)
Einige Menschen werden sich an Justus Liebigs Fleischextrakt erinnern, möglicherweise auch an seinen Beitrag zur Erfindung von Backpulver. Der Name des Chemikers ist zudem mit der Entdeckung von Chloroform als Narkosemittel verbunden. In aller Welt berühmt wird der Universitätsprofessor jedoch als Pionier der modernen Landwirtschaft. Und vermutlich deshalb veranlasst Hans Stubbe, Gründungsdirektor des heutigen IPK, Mitte der 1950er Jahre, das eine Straße in unmittelbarer Nähe des Institutes seinen Namen trägt.
Liebig erkennt, dass Pflanzen wichtige anorganische Nährstoffe in Form von Salzen aufnehmen, und begründet durch seine Forschung die moderne Mineraldüngung und den Beginn der Agrochemie. Der Großherzog Ludwig II. von Hessen erkennt die bahnbrechenden Erkenntnisse Liebigs und adelt ihn 1845 als Freiherren. Der Chemiker hat die Idee zum Einsatz und zur Optimierung von Salzen als Düngung. Das gibt den Anstoß zu deren industrieller Produktion. Ziel ist es die Erträge in der Landwirtschaft durch eine gezielte Versorgung der Pflanzen mit Mineralsalzen insbesondere mit Stickstoff, Phosphor und Kalium, den Hauptbestandteilen von Pflanzenasche, zu verbessern.
Doch seine Ideen stoßen zunächst auf heftigen Widerstand, weil die Bauern an einer so „einfachen“ Lösung zweifeln und geheime Kräfte des Bodens als Voraussetzung für gute Erträge vermuten. Erst als Liebig seine Voraussage auf einem eigens dafür gekauften Stück unfruchtbaren Landes in der Umgebung Gießens demonstrieren kann, verbreitet sich die Idee und bringt ihm weltweit die entsprechende Anerkennung. Nicht ausschließlich, aber insbesondere aufgrund von Liebigs Mineraldüngung steigt die Produktion der Landwirtschaft in Deutschland zwischen 1873 und 1913 um 90 Prozent. Und einer seiner Mineraldünger, das sogenannte Superphosphat, ist auch heute noch der meistverwendete wasserlösliche Phosphatdünger weltweit.
Geboren wird Justus Liebig 1803 in Darmstadt als Sohn eines Drogisten. Schon sehr früh experimentiert er mit den Materialien, die er in der Werkstatt seines Vaters vorfindet, und entwickelt dadurch eine starke Neigung zur Chemie. Auch die chemischen Experimente, die von Schaustellern auf Jahrmärkten vorgeführt werden, wecken sein Interesse, insbesondere die Herstellung von Knallerbsen, bei der er das Knallquecksilber erstmals kennenlernt. Doch nach unerlaubten Knallpulver-Experimenten musste er das Gymnasium frühzeitig verlassen.
Einer seiner Lehrer gibt ihm damals die wenig ermutigenden Worte auf den Weg: „Du bist ein Schafskopf! Bei dir reicht es nicht mal zum Apothekenlehrling.“ Und tatsächlich endet seine Apothekerlehre vorzeitig, weil er einen Dachstuhlbrand in der Apotheke verursacht. Danach bereitet er sich eigenständig auf das Chemiestudium in Bonn und Erlangen vor, schreibt 1822 seine Doktorarbeit und studiert zwei Jahre in Paris an der Sorbonne bei den besten Chemielehrern seiner Zeit. Zu verdanken hat er dies seinem Doktorvater, der beim Großherzog Ludwig II. von Hessen erwirkt, dass Liebig ein Stipendium für den Aufenthalt in Paris bekommt.
Bald tritt er mit eigenen Arbeiten über Knallquecksilber hervor, wodurch der auch in Paris wirkende deutsche Naturforscher Alexander von Humboldt auf ihn aufmerksam wird. Durch dessen Empfehlung an den hessischen Großherzog wird der erst 21-jährige Liebig 1824 zunächst außerordentlicher Professor für Chemie an der Universität Gießen und ein Jahr später ordentlicher Professor für Chemie und Pharmazie.
Dort hat er die Idee zur Einrichtung eines Experimentallabors, was nun auch an anderen Universitäten für die praktische Ausbildung von Studenten der naturwissenschaftlichen Fächer üblich wird. Bis 1852 forscht er in Gießen sehr praxisbezogen und erfolgreich zum Stoffwechsel bei Pflanzen und Tieren.
1852 folgt Liebig schließlich dem Ruf von König Maximilian nach München. Ausgehend von seinen pflanzen- und tierphysiologischen Forschungen in Gießen, untersucht er in der Folge die Wirkung verschiedener Nährstoffe auf die menschliche Ernährung. Im Fleisch der Tiere entdeckt er Stoffe, die in keinem anderen Nahrungsmittel vorhanden sind, allerdings große Bedeutung für Appetit und Verdauung haben. Im Jahr 1862 kommt „Liebigs Fleischextrakt“ im industriellen Maßstab produziert auf dem Markt. Seit 1868 empfiehlt er die Verwendung von „Backpulver“ als Ersatz für die verderbliche Hefe. In der Zeit des Mangels, aber auch der Modernisierung widmet er sich bewusst dem „Dienst zum Wohl der Menschen“ und wird durch Neuerungen in der Landwirtschaft, Ernährung, Gesundheit und Medizin zu einem Wohltäter der Menschheit.
Justus von Liebig stirbt am 18. April 1873 in München hoch verehrt. Liebigs Annalen der Chemie bewahren seit 1873 sein Vermächtnis - und auch der Liebigweg in unmittelbarer Nähe des IPK erinnert an diesen praxisnahen Forscher, Chemiker und Erfinder.