Hans Stubbe
Hans Stubbe (1902-1989)
Hans Stubbe (1902-1989) ist Gründungsdirektor des Instituts für Kulturpflanzenforschung in Gatersleben. Der Sohn eines Schulinspektors leitet das Institut bis 1969. Stubbe gilt als einer der renommiertesten Genetiker der DDR. Von 1951 bis 1967 ist er Präsident der Deutschen Akademie der Landwirtschaftswissenschaften zu Berlin.
Nach einer landwirtschaftlichen Lehre studiert der in Berlin geborene Hans Stubbe von 1925 bis 1929 Landwirtschaft und Biologie in Göttingen und Berlin. Seine Laufbahn als Wissenschaftler nimmt 1928 mit dem Eintritt ins damalige Kaiser-Wilhelm-Institut für Züchtungsforschung Müncheberg Fahrt auf. Seine Jahre dort stehen vor allem im Zeichen des Löwenmauls (Antirrhinum). Er, Schüler und später Assistent Erwin Baurs, leitet am Institut die Abteilung XIII mit dem Arbeitsgebiet „Experimentelle Mutationsauslösung“. Viele Publikationen aus dieser Zeit dokumentieren die Forschungen Stubbes zu Mutationen - ausgelöst durch kurzwellige Strahlen oder Chemikalien. Das Ziel ist es, genetische Diversität zu erhöhen und so eine breitere Basis für die Selektion zu schaffen. Die Stubbeschen Löwenmaul- und Tomatenmutanten dienen bis in die Gegenwart der Aufklärung von pflanzlichen Entwicklungs- und Domestikationsprozessen. In seiner Zeit in Müncheberg lernt Stubbe 1927 führende Genetiker des Auslandes kennen, darunter auch den sowjetischen Genetiker und Begründer einer ersten systematischen Sammlung von Kulturpflanzen, Nikolai Vavilov. Ihn besucht er zwei Jahre später an dessen Institut in Leningrad, dem heutigen Sankt Petersburg, und bleibt ihm auf Lebenszeit freundschaftlich verbunden.
Nach dem Tod des Leiters Erwin Baur 1933 ändert sich die Stimmung am Institut in Müncheberg. Hans Stubbe werden marxistisch-liberal-pazifistische Einstellungen und damit „politische Unzuverlässigkeit“ vorgeworfen. Im Februar 1936 wird er mit seinen Mitstreitern Hermann Kuckuck und Rudolf Schick zunächst beurlaubt und einige Monate später fristlos entlassen. Anschließend arbeitet er als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Fritz von Wettstein am Kaiser-Wilhelm-Institut für Biologie in Berlin-Dahlem. Dort setzt Hans Stubbe seine strahlengenetischen Forschungen am Gartenlöwenmaul fort. Mit seinem Assistenten Helmut Döring findet er heraus, dass die Mutationshäufigkeit der Pflanzen bei Mangel an Phosphor, Stickstoff und Schwefel steigt.
Die Bedeutung der Landwirtschaft im Dritten Reich ist geprägt von der propagierten „Blut-und-Boden-Ideologie“, aber auch Bestrebungen, die Landwirtschaft zu modernisieren und die Produktion zu steigern. Genetische Grundlagen und die Nutzung der genetischen Vielfalt spielen dabei eine ebenso wichtige Rolle wie heute.
Um die vor Verdrängung durch neue Kulturpflanzensorten bedrohten traditionellen Landrassen zu erhalten, nimmt Stubbe an Sammelexpeditionen teil. Durch die Besetzung großer Teile Europas durch deutsche Truppen im Zweiten Weltkrieg werden diese unter der Schirmherrschaft der Wehrmacht durchgeführt. Sie führen ihn im Sommer 1941 - also direkt nach Abschluss des deutschen Balkanfeldzuges - nach Albanien, Montenegro, Nordgriechenland und Kreta. Erklärtes Ziel der Expeditionen ist es, die Widerstandsfähigkeit der bekannten Kulturpflanzen durch Kreuzungen mit Wildformen aus diesen Regionen zu erhöhen und so die Ernährungssituation in Deutschland zu verbessern. Rein wissenschaftlich betrachtet sind beide Expeditionen für Hans Stubbe ein Glücksfall. Einerseits was die Ausstattung betrifft, andererseits auch die Ergebnisse. Vor allem bei der zweiten Expedition sind die botanische und zoologische Ausbeute aus Sicht des Genetikers sehr groß.
Im April 1942 fällt die Entscheidung, das neue Kaiser-Wilhelm-Institut für Kulturpflanzenforschung (KWI) in Wien anzusiedeln. Hans Stubbe übernimmt den Aufbau und am 1. April 1943, dem offiziellen Gründungstag, dessen Leitung. Obwohl der Reichssicherheitsdienst lange Zeit Bedenken gegen seine Berufung hat, gelingt diese durch die abermalige Hilfe von Fritz von Wettstein und der Generalverwaltung der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft.
Im November 1942 trifft sich Hans Stubbe mit Ernst Schäfer, dem Leiter der unter der Schirmherrschaft der SS durchgeführten Expedition nach Tibet 1938/39. Dabei geht es auch um die Kooperation von KWI und SS bei der Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen. Dass die SS 1943 dann ein eigenes Institut für Pflanzengenetik in Lannach im heutigen Österreich gründet, überrascht und ärgert Stubbe. Stubbe konzentriert sich in der Folge auf seine eigene Forschung, kooperiert jedoch insofern mit dem Hitler-Regime, als das KWI seine Forschungsanträge zur Keimungsphysiologie für kriegswichtig erklärt, um sie finanziert zu bekommen.
Zum Ende des Zweiten Weltkrieges wird das Institut nach Bombardierungen durch die Alliierten aus Wien verlagert. Unterstützt durch Gustav Becker, der in der Saatzuchtfirma „Gebrüder Dippe A.G.“ in Quedlinburg die Forschungsabteilung leitet, wird die Evakuierung in das Umfeld von Quedlinburg avisiert. Zunächst nach Stecklenberg im Harz und schließlich, durch die Unterstützung der sowjetischen Besatzungsmacht, auf die Domäne Gatersleben. Große Unterstützung erfährt Stubbe durch einen Oberstleutnant der sowjetischen Kreiskommandantur in Quedlinburg. Dieser war zuvor Mitarbeiter Vavilovs und kann sich noch gut an einen Textilkoffer mit Geschenken erinnern, die Stubbe 1929 bei seinem Treffen mit Vavilov dabei hatte.
Aus dem Institut für Kulturpflanzenforschung in Gatersleben, dass zunächst zur Universität Halle und ab 1948 dann zur Forschungsgemeinschaft der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin (DAW) gehört, entsteht 1969 das „Zentralinstitut für Genetik und Kulturpflanzenforschung“. Aufbau des Instituts sowie der Bau von Wohnungen und Straßen waren im Wesentlichen 1968 abgeschlossen.
Gemeinsam mit Gustav Becker und Rudolf Schick schlägt Stubbe der SED 1950 die Gründung einer Deutschen Akademie der Landwirtschaftswissenschaften (DAL) vor. Nur so, so ihre Argumentation, lasse sich die Gemeinschaftsarbeit der Agrarforschung effektiv umsetzen. Ein Jahr später wird die neue Akademie nach anfänglichen Widerständen gegründet. Allerdings dauert es bis 1967, bis die beiden Akademien DAW und DAL eine Kooperationsvereinbarung abschließen. Zuvor weist Stubbe mehrfach auf den aus seiner Sicht zu geringen Stellenwert der Biologie und der Genetik in der DDR hin.
Mit seinen Forschungsarbeiten zu Mutationen widerlegt Stubbe in den frühen 1950er Jahren mit seinen Mitarbeitern in Gatersleben durch mehrjährige experimentelle Forschung die Ansichten des sowjetischen Biologen Trofim Denissowitsch Lyssenko zur Vererbung erworbener Eigenschaften. Lyssenko wendet sich mit seiner pseudowissenschaftlichen „fortschrittlichen sowjetischen Biologie“ vehement gegen die Mendelsche Genetik und gegen Arbeiten von seriösen Wissenschaftlern wie Vavilov. Er behauptet, eine „Umerziehung“ von Kulturpflanzen sei möglich. Bei einem Besuch in der Sowjetunion sucht Stubbe Lyssenko 1951 erfolglos auf, um die von ihm als „unwissenschaftlich“ kritisierte Mendel-Genetik zu erörtern. Auch in der DDR stoßen die Bemühungen zur Rehabilitation der klassischen Genetik auf Widerstände. Persönlich überzeugte Stubbe Walter Ulbricht, dass das Gaterslebener Institut, auch in der von Lyssenkos-Ideologie geprägten Zeit, weiter wie bisher arbeiten konnte.
Neben den Versuchen zur Widerlegung der Lyssenko-Theorien werden am Institut in den 1950er Jahren auch Untersuchungen von Gerste- und Weizensortimenten hinsichtlich ihrer Resistenz gegen Mehltau und Rost durchgeführt. Zudem geht es um die Einführung experimenteller Mutationsauslösung, vor allem der chemisch induzierten Mutagenese. Vortrags- und Studienreisen führen Stubbe in diesen Jahren mehrfach in die Bundesrepublik, aber auch in die Sowjetunion, nach China, Kuba, Kanada und Italien.
Berufung hat, gelingt diese durch die abermalige Hilfe von Fritz von Wettstein und der Generalverwaltung der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft.
Im November 1942 trifft sich Hans Stubbe mit Ernst Schäfer, dem Leiter der unter der Schirmherrschaft der SS durchgeführten Expedition nach Tibet 1938/39. Dabei geht es auch um die Kooperation von KWI und SS bei der Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen. Dass die SS 1943 dann ein eigenes Institut für Pflanzengenetik in Lannach im heutigen Österreich gründet, überrascht und ärgert Stubbe. Stubbe konzentriert sich in der Folge auf seine eigene Forschung, kooperiert jedoch insofern mit dem Hitler-Regime, als das KWI seine Forschungsanträge zur Keimungsphysiologie für kriegswichtig erklärt, um sie finanziert zu bekommen.
Zum Ende des Zweiten Weltkrieges wird das Institut nach Bombardierungen durch die Alliierten aus Wien verlagert. Unterstützt durch Gustav Becker, der in der Saatzuchtfirma „Gebrüder Dippe A.G.“ in Quedlinburg die Forschungsabteilung leitet, wird die Evakuierung in das Umfeld von Quedlinburg avisiert. Zunächst nach Stecklenberg im Harz und schließlich, durch die Unterstützung der sowjetischen Besatzungsmacht, auf die Domäne Gatersleben. Große Unterstützung erfährt Stubbe durch einen Oberstleutnant der sowjetischen Kreiskommandantur in Quedlinburg. Dieser war zuvor Mitarbeiter Vavilovs und kann sich noch gut an einen Textilkoffer mit Geschenken erinnern, die Stubbe 1929 bei seinem Treffen mit Vavilov dabei hatte.
Aus dem Institut für Kulturpflanzenforschung in Gatersleben, dass zunächst zur Universität Halle und ab 1948 dann zur Forschungsgemeinschaft der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin (DAW) gehört, entsteht 1969 das „Zentralinstitut für Genetik und Kulturpflanzenforschung“. Aufbau des Instituts sowie der Bau von Wohnungen und Straßen waren im Wesentlichen 1968 abgeschlossen.
Gemeinsam mit Gustav Becker und Rudolf Schick schlägt Stubbe der SED 1950 die Gründung einer Deutschen Akademie der Landwirtschaftswissenschaften (DAL) vor. Nur so, so ihre Argumentation, lasse sich die Gemeinschaftsarbeit der Agrarforschung effektiv umsetzen. Ein Jahr später wird die neue Akademie nach anfänglichen Widerständen gegründet. Allerdings dauert es bis 1967, bis die beiden Akademien DAW und DAL eine Kooperationsvereinbarung abschließen. Zuvor weist Stubbe mehrfach auf den aus seiner Sicht zu geringen Stellenwert der Biologie und der Genetik in der DDR hin.
Mit seinen Forschungsarbeiten zu Mutationen widerlegt Stubbe in den frühen 1950er Jahren mit seinen Mitarbeitern in Gatersleben durch mehrjährige experimentelle Forschung die Ansichten des sowjetischen Biologen Trofim Denissowitsch Lyssenko zur Vererbung erworbener Eigenschaften. Lyssenko wendet sich mit seiner pseudowissenschaftlichen „fortschrittlichen sowjetischen Biologie“ vehement gegen die Mendelsche Genetik und gegen Arbeiten von seriösen Wissenschaftlern wie Vavilov. Er behauptet, eine „Umerziehung“ von Kulturpflanzen sei möglich. Bei einem Besuch in der Sowjetunion sucht Stubbe Lyssenko 1951 erfolglos auf, um die von ihm als „unwissenschaftlich“ kritisierte Mendel-Genetik zu erörtern. Auch in der DDR stoßen die Bemühungen zur Rehabilitation der klassischen Genetik auf Widerstände. Persönlich überzeugte Stubbe Walter Ulbricht, dass das Gaterslebener Institut, auch in der von Lyssenkos-Ideologie geprägten Zeit, weiter wie bisher arbeiten konnte.
Neben den Versuchen zur Widerlegung der Lyssenko-Theorien werden am Institut in den 1950er Jahren auch Untersuchungen von Gerste- und Weizensortimenten hinsichtlich ihrer Resistenz gegen Mehltau und Rost durchgeführt. Zudem geht es um die Einführung experimenteller Mutationsauslösung, vor allem der chemisch induzierten Mutagenese. Vortrags- und Studienreisen führen Stubbe in diesen Jahren mehrfach in die Bundesrepublik, aber auch in die Sowjetunion, nach China, Kuba, Kanada und Italien.
Die Bestände der Genbank wachsen kontinuierlich, unter anderem durch Schenkungen. Ein Meilenstein bildet auf diesem Weg eine erste Sammelreise nach China im Jahr 1956, die Stubbe zusammen mit einem chinesischen Kollegen leitet. Später folgen viele weitere Expeditionen.
Im Januar 1969 zieht sich Stubbe von der Institutsleitung zurück. Bereits zwei Jahre zuvor wird er als Universitätsprofessor an der Universität Halle-Wittenberg, an der er 1947/48 Gründungsdekan der landwirtschaftlichen Fakultät ist, emeritiert. Sein Nachfolger als Direktor in Gatersleben wird sein Schüler Helmut Böhme. Seit Mitte der 1970er Jahre lebt Stubbe in der Ostseegemeinde Zingst. Dort stirbt er am 14. Mai 1989.